DORFCHRONIK zurück


774 / 775

Urkundliche Erwähnung anlässlich einer Schenkung und Eigentumsübertragung von "villa Balahorna" an das Stift Hersfeld.

786

Erste geschichtliche Erwähnung des Dorfes im Brevarium (Kirchenbuch des Heiligen Lullus) des Stiftes Hersfeld.

1340

Balhorn werden durch Landgraf Heinrich II. die Stadtrechte verliehen. Es wird zugleich zum Gerichtsort erhoben.

1342

wird bereits die Kirche erwähnt.

seit 1367

erscheint Balhorn als Sitz einer Pfarrei.

Im 14. Jahrh.

war es eine Art gerichtlicher Mittelpunkt. In dieser Zeit erhielt Balhorn auch städtische Rechte und besaß ein Rathaus (gegenüber der heutigen Firma H.K. Möller). Das Rathaus wurde 1863 abgerissen.

1523

Der erste evangelische Pfarrer kommt nach Balhorn.

1618 - 1648

Während des 30-jährigen Krieges wurden durch Plünderungen und Brände viele Gebäude zerstört. Lediglich 25 Wohnhäuser und 5 Scheunen blieben erhalten.

1656

Kirchliche Eingemeindung von Altenstädt zur Pfarrei Balhorn.

1743 - 1748

Neubau der Kirche

1756 - 1763

Verwicklung Balhorn in den 7-jährigen Krieg.

1771 - 1773

Bau eines neuen Pfarrhauses.

1833

Auch in Balhorn wurde zur Sicherung der freiheitlichen Errungenschaften eine Bürgergarde gegründet, die aber nur wenige Jahre Bestand hatte.

1843

Bau der neuen Schule.

1856

Einrichtung einer zweiten Lehrerstelle, finanziert durch die Kirche.

Ende 19. Jahrh.

Die Blütezeit der Balhorner Buntsandsteinbrüche geht durch den immer stärker werdenden Wettbewerb mit Ziegelsteinen zu Ende.

1870

hatte Balhorn ca. 900 Einwohner.



Balhorn während der Kaiserzeit

Das Jahr 1904 brachte den Balhornern im Sommer ein großartiges Schauspiel. Nach Aberntung des Winterfeldes wurden auf dem Isthaerfeld die Manöver des XI. Armeekorps abgehalten. Tagelange Einquartierungen und die vielen Manövergefechte brachten den Jungen und Mädchen soviel Abwechslung, dass manche Schulstunde darüber versäumt wurde. Lehrer Ditfurth aber ließ es an einem schönen Vormittag die Mittelklasse dadurch entgelten, dass er nicht erlaubte, dem Durchmarsch mehrer Artillerie- und Kavallerieregimenter zuzuschauen, die stundenlang an der Schule vorbeitrabten, obwohl bei dem Lärm an einen Unterricht nicht zu denken war. Ein farbenprächtiges Bild bot an einem der letzten Manövertage eine Attacke und Parade der beteiligten Kavallerieregimenter auf dem Isthaerfelde. Für alle Freunde der Militärmusik und für die alten Soldaten waren die Einmärsche der Truppen mit klingendem Spiel und die vielen Standkonzerte während der Manövertage ein unvergessliches Erlebnis.

Von 1904-1906 machten Eingeborenenaufstände in der Kolonie Südwestafrika eine militärische Aktion notwendig. Auch 2 Balhorner, August Ulner und Hans Krieger, der auch bereits den Chinafeldzug mitgemacht hatte, nahmen als Freiwillige an diesem Feldzug teil und kehrten, trotz Strapazen eines ungewohnten Klimas, heil in die Heimat zurück.



Der Ausbruch des 1. Weltkriegs

Es war Sonnabend, der 1. August, gegen Abend als der alte Ortsdiener Becker mit der Ortsschelle die Mobilmachung bekannt machte. An dem schönen Augusttage hatte gerade die Roggenernte begonnen und Schnitter und Schnitterinnen kehrten gerade vom Felde heim. Für viele rüstige Mäher und Schnitter sollte es der letzte Erntetag sein. Gemäß ihrer Order rückten nun ab Sonntag täglich Reservisten und Landwehrmänner zu ihren Truppenteilen ein. Auch die ausgesuchten Pferde und Fahrzeuge wurden in Marsch gesetzt. Freiwillige meldeten sich zu den Fahnen. Ein Bittgottesdienst mit Abendmahlsfeier vereinigte in den Kirchen noch einmal Gemeinde und ausrückende Krieger. Schwer wurde der Abschied von Eltern und Geschwistern, schwerer noch von der Frau und den Kindern.
Aber auch komische Begebenheiten spielten sich in der Aufregung während der Mobilmachungstage ab. Die Furcht vor Spionen und Anschlägen auf Truppentransporte kam auch bis auf die Dörfer. Nachts wurden deshalb die Dorfeingänge durch freiwillige Nachtwachen verstärkt. Erntewagen standen bereit, um im Ernstfall die Straßen rasch abzusperren. Nur am Dorfeingang im "Klebes" kam es zu einem Zwischenfall. Die Posten hörten plötzlich, wie sich ein Auto mit abgeblendetem Licht dem Ortseingang näherte. Schnell wurde der Erntewagen zur Absperrung auf die Straße geschoben. Gerade noch konnte der Fahrer das Auto ohne einen Zusammenstoß zum Stehen bringen. Und wer saß im Auto? Kein Spion, sondern Pfarrer Kimpel mit Frau, die von einer Reise zurückkehrten. Die bekannte Stimme des erstaunten Pfarrers klärte die tapferen Beschützer des Dorfes vollends auf.



Balhorn in der Weimarer Republik und im Dritten Reich

Auch in Balhorn hatte eine nationale Bewegung seit dem Jahre 1923 unter der Jugend Eingang gefunden. Der Jungdeutsche Orden versuchte alle vaterlandsliebenden und aufbauwilligen Kräfte zu sammeln und eine Erneuerung des politischen Lebens auf demokratischer Grundlage zu erreichen. Zur Ertüchtigung der Jugend und zur Entfaltung ihres Wehrwillens wurde im Jahre 1925 der Kleinkaliber Schützenverein gegründet. Aber infolge der starken Gegenströmungen aus den Parteien überstaatlicher Richtung ging der Jugend der Kampf dieser Bewegung zu langsam. Sie fand Anschluss an die nationalsozialistische Bewegung und ging schließlich in dieser auf. Er wirkte eben auf die bis dahin wenig politisch geschulte Jugend betörend und hinreißend, wenn ihr in den regelmäßigen Zusammenkünften die nationalen und sozialen Ziele dieser Partei gepredigt und immer wieder eingehämmert wurden, wenn durch viele Aufmärsche der SA und SS der Wille und die Einsatzbereitschaft gestärkt, ihr ein neuer Lebensinhalt geboten wurde.
Er war selbst für die alten und besonnenen Männer und Frauen fast eine seelische Erschütterung, als an einem Sonntagmorgen im Juli des Jahres 1932 während des Gottesdienstes die SA unter ihrem Führer Schaumlöffel in die Kirche einzog und der Predigt von Pfarrer Wessel mit dessen Einverständnis bis zum Ende beiwohnte. Mussten sich die anwesenden Gemeindemitglieder nicht sagen: Die Besten einer Partei kommen zur Kirche und lauschen andächtig und ernst der Verkündigung des Wortes Gottes. Eine solche Bewegung konnte sicher nichts Schlechtes wollen!

Nach der Machtergreifung durch die NSDAP 1933 wurde dann jedoch auch der Handel und Verkehr mit jüdischen Händlern und Einwohnern aus den Orten Hoof, Breitenbach, Niedenstein, Naumburg, Wolfhagen usw. verfemt und es mehrten sich die Stimmen und Warnungen an die jüdische Bevölkerung, aus Gründen ihrer Sicherheit die Heimat zu verlassen. Viele Juden verkauften ihren Besitz und gingen schweren Herzens außer Landes.



Der 2. Weltkrieg

Zu Kriegsbeginn 1939 besaß Balhorn 946 Einwohner. 170 Männer und Burschen aus Balhorn wurden in den Jahren 1939 bis 1945 zum Heere, zur Luftwaffe oder sonstigem Dienst eingezogen oder ausgebildet. An allen Fronten haben sie am Kampf teilgenommen. Ihren Arbeitsplatz füllten zunächst polnische Kriegsgefangene aus, die auf den Höfen der Kriegsteilnehmer eingesetzt wurden; später kamen auch weibliche polnische Arbeitskräfte hinzu. Die französischen Kriegsgefangenen, die in der Landwirtschaft arbeiteten, wurden gemeinsam in "Stewels" altem Haus, gegenüber der Gastwirtschaft Hildebrand, untergebracht. Gleich zu Beginn des Krieges und später noch einmal während der Eifeloffensive mussten saarländische Familien in vielen Familien des Dorfes aufgenommen werden und blieben dort, bis nach dem Frankreichfeldzug und nach dem Ende des Krieges ihre Rückkehr in die Heimat möglich war.
Bereits im Herbst 1939 hatte Balhorn starke Einquartierungen von Truppen, die für den Frankreichfeldzug zusammengestellt und ausgebildet wurden. Mit Beginn des Frankreichfeldzuges kamen sie zum Einsatz und das Leben im Dorfe nahm fast wieder einen fast friedensmäßigen Verlauf. Nur die Gefangenen und hin und wieder die Nachricht über Verwundung oder Tod eines Balhorner erinnerten daran, dass Krieg war. Erst der Rußlandfeldzug und die Verluste in den Kämpfen um Stalingrad brachten nicht nur den betroffenen Familien, sondern allen Balhornern zum Bewusstsein, dass ein unabwendbares Verhängnis auf Deutschland zukam. Ohne jegliche Begeisterung, in stummer Ergebenheit, hatten die Balhorner mitten in der Kornernte den Kriegsbeginn erlebt. Der 1. Weltkrieg, seine Opfer und Nöte waren noch in zu naher Erinnerung; besonders die alten Soldaten waren sich darüber klar, dass ein Zweifrontenkrieg bei längerer Dauer für Deutschland nicht zu gewinnen war und ein bitteres Ende bringen musste. Jetzt mehrten sich die schweren Gänge des Ortsgruppenleiters, der den Tod eines Vaters, eines Mannes, eines Sohnes oder Bruders den betroffenen Familien überbringen musste. Fast Nacht für Nacht flogen die feindlichen Bombengeschwader ins Reichsgebiet hinein und ließen den nächtlichen Himmel von Motorenlärm und Bombeneinschlägen erdröhnen und von Bränden rot erscheinen.
Nach mehreren kleineren Anflügen wurde am 23. Oktober 1943 Kassel in einem Großangriff bombardiert. Der größte Teil der Stadt versank in Trümmern, besonders die Stadtmitte und der Osten der Stadt wurde schwer getroffen. Viele Männer, Frauen und Kinder wurden unter den Häusertrümmern begraben, ehe sie in den Luftschutzkellern Zuflucht gefunden hatten. Die Parteigliederungen der umliegenden Dörfer rückten zur Hilfe aus. Die schwersten Schäden wurden notdürftig beseitigt, die obdachlosen Einwohner der Stadt mit geringer Habe auf die Dörfer der nahen und weiteren Umgebung evakuiert. Auch Balhorn erhielt in manchen Häusern bis zu 10 Personen zur Notaufnahme. Laufend wurden weitere Mannschaften zur Wehrmacht und zum Arbeitsdienst einberufen, die älteren Jahrgänge zu Schanz- und Befestigungsarbeiten an die Ost- und Westgrenze des Reiches. Mit Kriegsgefangenen wurden die Feldarbeiten und die Arbeiten in den Fabriken Kassels weitergeführt. Die Heimat wurde zum Kriegsschauplatz und viele Angriffe von Tieffliegern mit ständigem Alarm machten sogar die Arbeiten auf dem Lande und auf dem Felde gefahrvoll. Besonders schwer lastete der letzte Kriegswinter auf der Bevölkerung. Immer mehr Evakuierte und Verwandte kamen aus den bedrohten Gebieten ins Dorf.



Die Zeit der amerikanischen Besatzung

Lähmung und Schrecken verbreitete sich unter den Bewohnern, als in der Osterwoche 1945 die feindlichen Panzer sich immer mehr dem Dorfe näherten, als das Dorf Istha schon beschossen wurde, und die Panzer von Istha und Altenstädt her sich Balhorn näherten. Da keine deutschen Truppen im Dorfe Widerstand leisteten und der Ortsbauernführer mit weißem Tuch der feindlichen Aufklärung entgegen ging, rückten die Panzer ohne einen Schuss ins Dorf ein und besetzten die Straßen und Eingänge des Dorfes. Die weißen und schwarzen amerikanischen Truppen quartierten sich meist in die neuen Wohnhäuser und Höfe ein. Die bisherige Gemeindeverwaltung wurde abgesetzt und gefangen abgeführt, eine neue Gemeindeverwaltung von der U.S. Army eingesetzt. Dieser Einzug der Amerikaner am Karfreitag 1945 wird den Balhornern, die ihn erlebten, zeitlebens in Erinnerung bleiben. Am 2. Ostertag musste die rechte Seite der Gehöfte im "Klebes" für die amerikanischen Truppen geräumt werden, weiter die Höfe von "Grebenrods", "Kastenmeisters", "Altenbürgermeisters" und "Suren".
Während die französischen Kriegsgefangenen bald nach dem Einrücken der Amerikaner in Richtung Heimat verladen wurden, quartierten sich die polnischen Kriegsgefangenen und Landarbeiterinnen in der Schule ein, wurden von den Amerikanern verpflegt, verschafften sich aber zusätzliche Verpflegung von den Bauernhöfen, wo sie gearbeitet hatten. Gelegentlich kam es auch mit Duldung der amerikanischen Truppen zu Überfällen durch die Polen auf einzelne Gehöfte in der Nähe, aber auch einzelne Höfe im Dorfe, wo sie dann Eier, Speck und Würste ohne Bezahlung mitgehen ließen. Einzelne Polen und Polinnen zeigten auch aus Rache ihren deutschen Dienstherren den Amerikanern an, weil sie bei diesen früher Waffen gesehen hatten und auch noch vermuteten. Der Besitz von Waffen war aber bei Todesstrafe verboten. Der Hof des Angezeigten wurde dann von einem Militärkommando umstellt und alle Räume, Schränke und Betten umgekehrt und gründlich untersucht.Zum Glück wurde in keinem Falle Waffen gefunden. Es war eine große Erleichterung für das Dorf, dass die Polen im Juni zu Transporten zusammengestellt und in die Heimat befördert wurden.
Auch die amerikanischen Truppen waren inzwischen abgezogen und hatten Unterkünfte in den Kasernen der Wehrmacht in Kassel bezogen. Die Militärpolizei sorgte für Ruhe und Ordnung.



Die Nachkriegszeit

Im Sinne der Gemeindeordnung hat die Gemeinde Balhorn nach dem Kriege ihre Verwaltung wieder neu aufgebaut. Um die Ernährungslücken zu schließen, erhielten die Familien, die keinen Grundbesitz hatten, ein Stück Gartenland von 4 bis 5 Ar, auf dem Gemüse, Kartoffeln und auch Obst zur Selbstversorgung der Familie angebaut wurden. Bis zur Zeit der Währungsreform im Juni 1948 suchten sich die einzelnen Familien in der Sorgfalt und Vielfältigkeit des Anbaus auf diesen Gartenstücken zu übertreffen und wussten die Markenzuteilungen der Lebensmittel bestens zu ergänzen. Durch Leseholz aus den nahen Wäldern wurde die Kohlenknappheit in 1945 und 1946 überbrückt. Das Leseholz wurde teils im Balhorner Wald, teils am Habichtswald ausgewiesen. Zusätzliches Brennholz konnte am Wattenberg noch selbst erworben werden. Zu Ostern des Jahres 1946 öffnete auch die Schule wieder ihre Pforten unter Einsatz von Lehrkräften mit Schnellausbildung. Die alten Lehrkräfte durften wegen ihrer Parteizugehörigkeit noch nicht unterrichten, sie wurden zum Teil noch in Internierungslagern umgeschult. Durch den Zuwachs der Bevölkerung an Heimatvertriebenen reichte das Wasser in dem trockenen Jahr 1947 nicht aus.





Die Entstehung der Balhorner Infrastruktur

In den Jahren 1864 und 1865 wurde zur besseren Wasserversorgung des Oberdorfes eine Wasserleitung von den Quellen in Simmenhausen nach dem Oberdorfe gebaut und das Wasser in zwei Laufbrunnen, einen vor der Schule und einen zwischen "Altengreben" und "Schmolls Hof" geleitet. Beide Brunnen erhielten einen Zeitenstock mit Rohrauslauf, an dem das Wasser in Eimern aufgefangen werden konnte. Sonst musste das Wasser aus den Brunnen in Eimern mit Hilfe von Stangen oder Traghölzern geschöpft werden. Der Wasserstand in den Brunnen richtete sich nach dem Wasserdruck ihrer Quellen und dem Gefälle von der Quelle zum Brunnen. Die Wasserhöhe im Brunnen betrug im Grebenborn und Kump um 1 - 1,5 m, in den beiden neuen Brunnen unter 1 m. Zufluss und Verbrauch standen hierin meist in entgegengesetztem Verhältnis. In trockenen Jahren mussten die Bewohner das Wasser oft aus den Brunnen des Unterdorfes holen. Einige Höfe hatten sich auch eigene Brunnen für den Notfall gebaut, nur wenige tiefliegende Höfe benutzten auch schon Wasserpumpen.

Zur gleichen Zeit wurde das Quellwasser auf dem Bruche in zwei gemauerten Brunnen, dem Linsen- und Erbsenborn gefasst, die bis zum Bau der großen Wasserleitung im Jahre 1901 - 1902, der Wasserversorgung des Dorfes dienten.

Im Jahre 1874 wurde die Rohrleitung zwischen Aussen- und Grebenborn zur Sicherung der Wasserversorgung erneuert.

Im gleichen Jahre wurde die Schutzimpfung gegen Pocken durch Gesetz eingeführt. Ende des Jahres 1875 wurden durch königliche Order die Standesämter eingerichtet. Balhorn bildete mit Altenstädt und Martinhagen zusammen einen Standesamtsbezirk. Als erster Standesbeamter wurde Bürgermeister Grede, dann Lehrer Müller bestellt. Vom 01. Januar 1876 ab mussten alle geborenen Kinder ins Geburtsregister, alle Eheschließungen ins Heiratsregister, alle Sterbefälle ins Sterberegister eingetragen werden. Erst nach der standesamtlichen Trauung durfte die kirchliche vollzogen werden. Die Kinder wurden gegen Pocken geimpft. Für alle das Dorf verlassende wurden Abmeldescheine ausgestellt, für alle ins Dorf zuziehende Anmeldungen entgegen genommen. Impf- und Rekrutierungslisten, Personenstands- und Wahllisten wurden angelegt und eingereicht. Holzauktionen wurden bekannt gemacht und abgehalten. Die Schleich- und Nachtwachen wurden eingeteilt und ausgeführt, Mannschaften für Brandschutz und Notstände aufgestellt und eingewiesen. Die Erlaubnis zur Abhaltung von Sänger- und Kriegsvereinsfesten, für Kirmes und Tanzvergnügen eingeholt und erteilt. In jedem Frühjahr wurden die Bleichplätze auf dem Bruche nicht ohne Reibereien mit dem ersten Glockenschlag des Mittagsläutens neu belegt, die Zuchttiere vergeben und gewechselt, die Schafherden untersucht, Schäfer und Hirten von neuem bestellt. Im Hand- und Spanndienst wurden Steine vom Erzeberg zum Wegebau gefahren und geklopft. Straßen und Wege in gemeinsamer Arbeit gedeckt und befestigt.

Im Jahr 1902 erhielt das Dorf seine erste neuzeitliche Wasserleitung. Sämtliche Häuser und Höfe wurden an das Leitungsnetz angeschlossen. Die Wasserquellen in Simmenhausen wurden neu gefasst und in einen Hochbehälter geleitet. Diese Wasserversorgung erwies sich besonders für die Hausfrauen als eine große Erleichterung und Zeitersparnis. Nun brauchten sie nur den Wasserhahn zu öffnen und konnte nach Belieben daraus das Wasser entnehmen. Leider besaß das Wasser, wie sich in regenarmen Jahren zeigte, für die hochgelegenen Häuser nicht immer den notwendigen Druck.

Im Jahre 1904 wurde Balhorn durch die Eröffnung der vollspurigen Kleinbahn Kassel - Naumburg nach drei Baujahren an den großen Bahnverkehr angeschlossen. Die Gemeinde beteiligte sich an den Baukosten durch ein Darlehn von 80.000,00 DM. Auch die private Beteiligung durch Zeichnung von Aktien war nicht unerheblich. Die Kleinbahn vermehrte den Personenverkehr, besonders die Arbeiterschaft benutzte die Bahn, um nach Kassel an ihre Arbeitsplätze zu fahren. Der Stückgutverkehr belebte aber auch den Handel. Die Güterwagen gestatteten Großladungen und verbilligten den Düngemittel- und Futtermittelbezug für die Landwirtschaft. Erhöhte Düngeranwendung und die Benutzung eiweißreicher Futtermittel waren die Folgen und erhöhten die Erträge der Felder und der Ställe.

Zu diesem denkwürdigen Ereignis hatten sich unter Führung von Lehrer Müller die Mittel- und Oberklasse der Schule und mancher Balhorner am Bahnhof eingefunden, um den ersten Zug einfahren zu sehen. Doch der erste Zug hatte, wie später viele folgende, wohl durch die vielen Begrüßungen unterwegs fast zwei Stunden Verspätung. Nur wenige Kinder hielten aus, konnten dann aber den ersten Zug mit bekränzter Lokomotive und neun Wagen unter der Brücke hindurch einfahren sehen und aus nächster Nähe bestaunen. Die Kritik wegen der großen Entfernung des Bahnhofes blieb natürlich auch nicht aus. Doch man wollte die fruchtbarsten Äcker durch die Bahnanlage nicht zerschneiden lassen. So nahm man lieber einen kurzen Dauerlauf oder ein Verpassen des Zuges in Kauf, wenn es einmal höchste Eisenbahn geworden war.

Den ersten Fernsprecher neben dem Öffentlichen hatten die Getreidehandlung Karl Mander und Pfarrer Kimpel schon 1912.

Im Jahre 1919 erhielt das Dorf seine elektrische Stromversorgung. Stromlieferant war die Stadt Kassel.

Das erste Rundfunkgerät benutzte Pfarrer Wessel 1926.

Aus Mitteln der Arbeitsbeschaffung wurden im Jahre 1934 die Wasserversorgung des Dorfes verbessert. Das Bruchwasser wurde neu gefasst und in den Hochbehälter nach Simmenhausen gepumpt und so der Wasserdruck in der notwendigen Höhe gehalten. Bei der Aufteilung des Klostergutes Offenhausen wurden 6 Betriebe mit Landflächen zwischen 1 - 1,5 ha aufgestockt, im Ganzen ca. 7,5 ha Siedlungsland nach Balhorn gegeben.

Die Wasserknappheit im Jahre 1947 veranlasste die Gemeinde zu einer Tiefenbohrung in Simmenhausen oberhalb der alten Wasserfassungen.

Der erste Versuch scheiterte dadurch, dass der Bohrer in einer Felsspalte bei 60 m Tiefe stecken blieb. Ein zweiter Versuch, noch etwas weiter oberhalb der ersten Bohrung, führte bei 90 m Tiefe im Jahre 1949 zu einem vollen Erfolg. Der Wasseranfall war so ergiebig, dass der Wassermangel auch in trockenen Jahren behoben war. Um auch den höchstgelegenen Wohnhäusern und Höfen eine stetige Wasserversorgung zu gewährleisten, entschloss sich die Gemeinde im Jahre 1955 einen neuen Hochbehälter von 300 cbm Inhalt an höchster Stelle im Distelberge zu bauen, der zweikammerig ausgeführt wurde und eine beste Wasserversorgung der Gemeinde sicherstellte.

Im Jahre 1960 wurden in Balhorn 147 ha entwässerungsbedürftige Flächen dräniert.

Ins Frühjahr des Jahres 1961 fiel noch ein Ereignis, das ebenfalls festgehalten zu werden verdient. Durch die Erweiterung des im Jahre 1870 südlich vom Wolfhager Weg eingerichteten Friedhofs nach Westen zu, wurde es möglich, dass der alte Friedhof von 1569 zwischen der Isthaerstraße und dem Wolfhager Wege als Gedächtnisstätte und als Ehrenmal für die Gefallenen der beiden Weltkriege ausgestaltet werden konnte. Das Sandsteindenkmal mit den Namen der Gefallenen aus dem ersten Weltkriege das bis dahin auf dem oberen Friedhof aufgestellt war, wurde auf den alten Friedhof versetzt und dazu ein neues Denkmal mit den Namen der Gefallenen der Gemeinde Balhorn und der Heimatvertriebenenfamilien des 2. Weltkrieges aufgestellt. 70 Namen von Kriegsteilnehmern aus der Gemeinde Balhorn und 34 Namen von Kriegsteilnehmern aus den Heimatvertriebenenfamilien sind auf der steinernen Gedenktafel eingemeißelt und zeugen von den schweren Opfern dieses blutigen Krieges. Seitlich zur Gedenktafel gewandt hat der Bildhauer Passon ein Bildwerk geschaffen, das eine Frau und Mutter, das Haupt zur Erde geneigt, ein Kind an der Hand, in ihrer tiefen Trauer und namenlosen Schmerz darstellt.

Im Herbst 1960 wurde der Grundstein für das Dorfgemeinschaftshaus gelegt, das auf dem Bruche seinen Platz gefunden hat. Der Versuch, mitten im Dorfe durch Aussiedlung mehrerer Höfe in der Nähe der alten Kulturstätten, der Kirchen, des Schulhauses und der Pfarrhäuser den geeigneten Platz zu finden, schlug fehl und fand nicht die Zustimmung der Gemeindevertretung. Der neue Kulturmittelpunkt wurde nun etwas außerhalb auf der Nordseite der Dorflage erstellt. In das Dorfgemeinschaftshaus wurden 165 Gefrierfächer integriert.

Das Dorfgemeinschaftshaus wurde im Spätsommer des Jahres 1961 eingeweiht.

Am 18. Mai 1969 wird das neue Balhorner Freibad am Distelberg eröffnet.

Ab 1. Januar 1972 schließlich bildeten die vier Orte Balhorn, Merxhausen, Riede und Sand die Großgemeinde Emstal.



Quellen: Zum großen Teil entnommen aus der Balhorner Grede - Chronik


Balhorner Kulturverein 2000 e.V.     Burgstraße 4     34308 Bad Emstal-Balhorn     Tel. 0 56 25 - 50 75